Samstag, 19. Dezember 2015

4. Adventsonntag LJ C (20. Dezember 2015)

Evangelium
Nach einigen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
(Lk 1,39-45)

Elisabeth spricht das Wesentliche an Marias Dienst an: Sie hat geglaubt. Wer glaubt, mit dem kann Gott Großes vollbringen. Maria hat im Gott vertraut und Ja gesagt. Sie hat mitgeholfen, dass Gott Mensch werden konnte. Was Maria getan hat, das sollen auch wir Christen tun. Wir sind berufen, im Glauben Jesus jeden Tag neu Mensch werden zu lassen. Wenn das gelingt, dann kann es auch heute Weihnachten werden.

Sonntag, 6. Dezember 2015

In der Taufe werden wir von der Erbsünde befreit. Was bedeutet das?


Wenn eine Sünde geschieht, dann wird sie mächtig und belastet nicht nur den Sünder, sondern auch andere Menschen. Diese menschliche Erfahrung wird in der Theologie mit dem Begriff „Erbsünde“ beschrieben. Genaugenommen ist die Erbsünde keine Sünde, weil sie keine freie Tat ist, sondern schon von Anfang meines Daseins in mir wirkt. Sie ist eigentlich ein Zustand. Als Folge davon ist die menschliche Freiheit geschwächt. Obwohl wir Menschen wissen, dass wir das Böse nicht tun sollen, ja obwohl wir es normalerweise auch nicht wollen, fallen wir deshalb ganz leicht immer wieder in die Sünde zurück. Wir sündigen gewissermaßen fast von selbst. 
 
Durch die Taufe wird alle Sünde vergeben und weggenommen, auch die Erbsünde. Die Getauften sind zwar auch schwache Menschen, in denen die Folgen der Erbsünde sichtbar sind. Aber die Sünde hat sie nicht mehr in der Hand. Sie sind schon in der Spur Gottes, wo sie von Christus zur Vollendung geführt werden, wenn sie sich führen lassen.

Montag, 30. November 2015

1. Adventsonntag LJ C (29. November 2015)

Evangelium
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen. Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. Nehmt euch in acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, (so) wie (man in) eine Falle (gerät); denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.
(Lk 21,25-28.34-36)

Die Angst ist allgegenwärtig. Der Krieg im Nahen Osten wird vor unserer Haustür gekämpft, der Terror der Fundamentalisten ist in Europa längst angekommen. Viele andere Vorgänge könnten noch genannt werden. Unsere Welt verändert sich. Die Zeichen, von denen Jesus spricht, spüren heute auch viele Menschen. Aber seine Konsequenz ist wichtig. Er möchte die Menschen aus der Angst herausholen. Wenn das alles passiert, wenn die Veränderung sogar weh tut, dann ist es soweit, dann kann die Erneuerung beginnen. Die Haltung des Advents ist aufrecht, wachsam und bereit. Dann können wir freudig auf Weihnachten, auf das Kommen Jesu zugehen.

Montag, 9. November 2015

Was bringt die Bischofssynode?

Von 4. bis 25. Oktober 2015 fand in Rom die Sitzung der Bischofssynode über „die Berufung und Sendung der Familie in der Welt von heute“ statt. Das weltweite Interesse daran war enorm, wie wohl nie zuvor. Nun ist sie zu Ende gegangen und hat dem Papst Empfehlungen gemacht. Für manche war das Ergebnis ein hoffnungsvoller Fortschritt, für andere wieder enttäuschend. Wie ist also die Synode zu beurteilen?

Idee und Arbeitsweise der Bischofssynode
Die Bischofssynode in der heutigen Form wurde vor fünfzig Jahren im Jahr 1965 von Papst Paul VI. eingerichtet. Er folgte damit einem Wunsch des Zweiten Vatikanischen Konzils. Seither tagt die Synode regelmäßig alle drei Jahre zu bestimmten Themen. Die Synode ist nicht eine Art Konzil im Kleinformat, denn sie kann keine verbindlichen Beschlüsse fassen, wie es ein Konzil tut. Vielmehr soll sie den Papst bei der Führung der Kirche unterstützen und beraten. Am Ende werden von den Bischöfen Empfehlungen ausgesprochen und der Papst gibt nach einiger Zeit ein sogenanntes nachsynodales Apostolisches Schreiben heraus, das dann für die ganze Kirche gilt. Stimmberechtigte Mitglieder sind Bischöfe, die vor allem von den Bischofskonferenzen für jeweils eine Sitzung gewählt werden und manche vom Papst ernannte Bischöfe. Außerdem werden Vertreter anderer christlicher Kirchen und Fachleute als Gäste eingeladen. Sie arbeiten an einem Arbeitspapier, das vom Synodensekretariat vorbereitet wird, und diskutieren, welche Vorschläge sie zum Thema machen sollen. Papst Franziskus hat in seiner Amtszeit schon viele neue Akzente gesetzt, auch in Bezug auf die Bischofssynode, die dadurch sehr an Bedeutung gewonnen hat.

Die Sendung der Familie heute
Nach drei Wochen voller intensiver Diskussionen hat die Synode über Empfehlungen an den Papst abgestimmt und sie ihm übergeben. Anders als bei der außerordentlichen Sitzung voriges Jahr wurden alle 94 Punkte mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Aber was ist nun der Fortschritt dieser Synodensitzung gegenüber früher? Hier kann ich nur meine persönliche Meinung kundtun. Denn das eigentliche Ergebnis steht noch aus. Mir scheinen drei Aspekte wichtig.
Erstens zeigt sich eine neue Perspektive. Die Frage war nicht: Wie kann in einer veränderten Gesellschaft die Lehre möglichst konstant bleiben? Sondern wie kann das Evangelium den Menschen, besonders den Familien und Paaren, in der Welt von heute helfen? Dafür muss man zuerst genau auf die Situation der Menschen schauen. Papst Franziskus hat dafür bereits 2014 eine außerordentliche Sitzung der Bischofssynode einberufen. Damit wird auch das Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils erfüllt, das in Gaudium et spes davon spricht, dass „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“ für die Kirche ein Ausgangspunkt ihres Wirkens in der Welt sein müssen. Denn nur so kann sie ihren Auftrag, Christus, das „Licht der Völker“, in die Welt zu tragen (so sagt es Lumen gentium) erfüllen. Das ist Pastoral, wie sie das Konzil vorstellt.
Daher hat die Synode zweitens sich intensiv mit den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen beschäftigt, unter denen Menschen auf der ganzen Welt in Partnerschaften und Familien leben. Dabei zeigt sich, dass viele auf dem Weg sind, aber aus vielen Gründen noch nicht bis zu einer christlichen Ehe gekommen sind. Die Aufgabe der Kirche ist es, sie zu begleiten und zu unterstützen auf ihrem Weg.
Damit ist drittens eine Neubewertung der moralischen Fragen von Ehe und Familie verbunden. Viele in Europa und Nordamerika haben auf eine Antwort für die Situation von wiederverheirateten Geschiedenen gewartet. In diesem Zusammenhang waren die Diskussionen sehr heftig, wie man auch am Ergebnis der Abstimmungen sehen kann. Trotzdem konnte auch hier eine überwältigende Mehrheit sich mit dem Text identifizieren. Die Unauflöslichkeit der Ehe ist gegeben. Aber wie mit Situationen umgehen, die damit nicht in Einklang stehen? Zwei Gefahren sind zu benennen. Die einen sind rigoristisch und sagen, wenn eine solche Situation eintritt, ist nichts mehr möglich, bis das Ideal wieder in irgendeiner Weise erfüllt ist. Die anderen gehen eher von einer laxen Position aus und meinen, es ist, wie es ist, damit müsse sich die Kirche abfinden. Die Wahrheit ist aber: Jede Situation muss für sich angesehen werden. Deshalb benennt die Synode Kriterien, mit denen unter der Führung des Beichtvaters die eigene Situation im Gewissen geklärt werden könnte. Das ist gemeint, wenn vom „Forum internum“ die Rede ist.
Die Synode hat in großer Offenheit Probleme diskutiert und auch gezeigt, wie groß die katholische Weite der Meinungen ist. Aber sie hat auch gezeigt, wie die Kirche sich mit der Kraft des Evangeliums und im Blick auf die Freuden, Hoffnungen, Sorgen und Ängste der Menschen ihren Weg gehen kann.

Sonntag, 1. November 2015

Was feiern wir eigentlich an Allerheiligen?


Der 1. November ist dem Gedenken „aller Heiligen“ gewidmet. Dabei denkt man zuerst an die vielen bekannten Heiligen, deren Gedenktag wir nicht feiern können, weil das Jahr gar nicht genug Tage dafür hätte. Es sind aber auch die gemeint, von denen wir gar nichts wissen. Die meisten Heiligen wirken im Verborgenen. Vielleicht können wir es von einzelnen ahnen, doch öffentlich bekannt ist es nicht. Gott aber weiß, was sie tun.

In der Präfation zum Fest ist vom „himmlischen Jerusalem“ die Rede. Es heißt: „Dort loben dich auf ewig die verherrlichten Glieder der Kirche, unsere Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind.“ Und dann wird gesagt, dass wir als Gläubige auf dem Weg zur Vollendung sind.

Der Weg zur Heiligkeit ist für alle Christen da. Jesus möchte uns auf diesen Weg führen. Weil er heilig ist, sollen auch wir heilig werden. Allerheiligen erinnert daran, dass schon viele vor uns diesen Weg gegangen sind und dass wir die Berufung haben, selbst heilig zu werden. Niemand kann das von sich aus, aber ich kann zulassen, dass Jesus Christus mich führt.

Dienstag, 30. Juni 2015

Schöpfung und Verantwortung

Wenn heute von Schöpfung die Rede ist, denken die meisten zuerst an die Natur und die Umwelt. Die Erfahrung von Umweltzerstörung und Ressourcenverschwendung in den letzten Jahrzehnten haben das Bewusstsein dafür geschärft, dass die Welt uns Menschen nur geborgt ist und das eigene Leben ein Geschenk, für das die Menschen Verantwortung übernehmen müssen. Während sonst Sünde und Schuld eher Begriffe sind, die tunlichst vermieden werden, besteht ein Konsens, dass wir uns mit der Zerstörung der Umwelt schuldig machen, zumindest indem wir kommenden Generationen und anderen Lebewesen auf dieser Erde die Lebensmöglichkeit rauben. Die Verantwortung für die Schöpfung betrifft natürlich den Wald und bedrohte Tierarten, das Meer und den Schutz bisher unberührter Lebensräume. Umweltschutz bedeutet also die Wahrnehmung der Schöpfungsverantwortung.

Papst Franziskus hat dem ganzen Fragenkreis seine jüngste Enzyklika Lodato si gewidmet. Alle Menschen leben in dem “gemeinsamen Haus”, von dem der Papst spricht, wir alle tragen Sorge dafür. Schöpfung und Verantwortung sind ohne Zweifel untrennbare Begriffe. Denn die Erschaffung der Welt gipfelt, nach dem großen Schöpfungshymnus zu Beginn des Buches Genesis, in der Erschaffung der Welt: “Gott schuf also den Menschen als sein Abbild, als Abbild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau (wörtlich: männlich und weiblich) schuf er sie” (Gen 1,27). Damit ist der Schöpfungsauftrag an die Menschen verbunden, sich die Erde untertan zu machen (Gen 1,28), aber auch, wie es weiter unten heißt, sie zu bebauen und hüten (Gen 2,15).

Jenseits aller Naturromantik ist der Glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, auch ein Gradmesser für das Selbstverständnis des gläubigen Menschen. Denn der Glaube an Gott als Ursprung und Ziel der Schöpfung schließt auch die Überzeugung mit ein, dass ich selbst mir von Gott gegeben und daher immer wieder auf Gott als meinen Urgrund verwiesen bin. Der Mensch und die Welt stehen im Dialog mit Gott, weil sie von Gott ins Dasein gerufen sind und gerufen sind, Antwort zu geben. Die Antwort der Schöpfung ist ihre Schönheit und Vielfalt. Die Antwort der Menschen ist ihr aktives Mittun an der Weiterentwicklung in Freiheit. Mit der Rede von der Schöpfung ist also immer das Menschsein wesentlich angesprochen.

Sonntag, 10. Mai 2015

Was darf man sich unter der irgendwie irreführenden Bezeichnung „Christi Himmelfahrt“ vorstellen?



„Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11), werden die Apostel gefragt, als sie Jesus nachschauen. In der Apostelgeschichte ist davon die Rede, dass der auferstandene Jesus die Jünger verlässt. Und sie sehen, wie er vor ihren Augen „weggehoben“ wird. Er, der nach seiner Auferstehung noch leibhaft erfahrbar war, geht nun dorthin zurück, von wo er einst gekommen ist.

Der Himmel gilt in der Bibel als Wohnort Gottes und ist in der Erfahrung der Menschen „oben“. Das ist freilich ein Bildwort. Wir können den Wohnort Gottes streng genommen nicht mit menschlichen Begriffen beschreiben, weil Gott nicht irgendwo wohnt wie ein Mensch. Deshalb reden wir in Bildern. Das ist auch gut so, solange die Bilder als Bilder verstanden werden.

Die Apostel haben erfahren, dass Jesus nicht mehr unmittelbar bei ihnen ist. Er schenkt ihnen aber die Kraft des Geistes und schickt sie mit einem Auftrag in die Welt hinaus. Sie sollen nicht in der Erinnerung hängen bleiben, denn Jesus wird wiederkommen, um die Kirche zu vollenden. Bis dahin hat diese Kirche, haben wir noch einiges zu tun.

Donnerstag, 30. April 2015

Ist Gott grausam?

Wie kann es sein, dass Gott die Opferung eines Kindes verlangt? Im Buch Genesis (22,1-19) wird davon erzählt, Abraham sollte seinen Sohn Isaak opfern. Aber wie kann das sein? Gott schenkt ihm den lange ersehnten Sohn, und dann will er ihn zurück haben? Muss man für Gott auf das Liebste verzichten? So wird diese schwierige Perikope oft verstanden und kritisiert. Hier sei doch von einem Gott die Rede, der selbst ein Gewalttäter ist, der Blut fließen sehen möchte. Und dann überlegt er es sich im letzten Moment anders, ist also nicht einmal konsequent.

Vielleicht aber macht eine andere Lesart verständlicher, worum es in dieser wohl sehr alten Erzählung geht. Abraham ist ein gläubiger Mensch, ein Frommer, der in seinem Bemühen, mit Gott im Reinen zu sein, ein Vorbild ist. Er versucht, Gott richtig zu verstehen. Eines Tages hört er, Gott möchte, dass er ihm nichts vorenthalte, auch das nicht, was ihm selbst am wichtigsten ist. Und das kann nur sein Sohn sein, auf den er alle seine Hoffnungen gesetzt hat. Dann denkt er sich: bei den anderen Völkern gibt es das. Sie opfern ihre Erstgeborenen, wenn sie besonders fromm sind. Deren Götter brauchen das, vielleicht ist das bei meinem Gott auch so. Er packt alles zusammen und geht weit weg.

Da wird nicht viel geredet. Es gibt nur die besorgten Fragen des Isaak: Warum haben wir alles mit, nur kein Opfertier? Das braucht man doch. Abraham sagt: Gott wird sich das Opfer aussuchen. Dann legt er ihn zurecht und meint, das muss wohl richtig sein, Gott verlangt den Sohn. Dann aber sagt Gott: Nein! Du sollst ihn nicht töten. Und das heißt: Gott will keine Menschenopfer. Er will, dass wir die anderen nicht für uns beanspruchen, auch die eigenen Kinder nicht. Aber opfern sollen wir sie nicht, sondern mit ihnen gemeinsam Gott begegnen. Denn anders als die anderen Völker das damals sehen, ist Gott für die Menschen da und nicht umgekehrt.

Das Opfertier für den Gottesdienst schickt Gott selbst. Er ist gewissermaßen wie ein Gast, den ich zum Festmahl einlade, und der nicht nur sein eigenes Essen mitbringt, sondern das Festmahl für alle.

Mir scheint, Abraham hat falsch verstanden, worum es geht. Und die Erzählung möchte alle, die das auch so verstehen, mitnehmen, damit sie besser verstehen, worauf es wirklich ankommt.

Montag, 13. April 2015

Können wir alles selbst?

Warum ist Barmherzigkeit wieder verstärkt ein Thema der Verkündigung geworden?

Papst Franziskus hat ein Heiliges Jahr als „Jubiläum der Barmherzigkeit“ ausgerufen. Er setzt fort, was Johannes Paul II. begonnen hat.

Inspiriert von den Visionen der Faustyna Kowalska widmete er schon seine zweite Enzyklika „Dives in Misericordia“ (1980) dem Thema und führte im Jahr 2000 die Feier des „Sonntags der Barmherzigkeit“ ein.

Das ist sozusagen die äußere Geschichte.

Es gibt aber auch innere Gründe. Oft gilt das menschliche Können als das höchste Maß aller Dinge. Wir können alles selbst und brauchen keine Hilfe von anderen oder „von oben“.

Barmherzigkeit, Erbarmen meint die liebevolle Zuwendung Gottes zu den Menschen. Aber ist das nicht zu emotional? Wollen wir nicht lieber etwas Sicheres, auf das wir uns verlassen können?

Die Sicherheit, dass wir alles selbst können, ist fragwürdig geworden, durch die beiden Weltkriege und in letzter Zeit durch viele Kriege in unserer Nähe, Terroranschläge, die wirtschaftlichen Krisen oder die Umweltzerstörung.

Diese Erfahrungen haben das Bewusstsein dafür wachsen lassen, dass Friede und Glück immer Geschenk sind.

Sonntag, 5. April 2015

Ostersonntag, 5. April 2015

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang wegwälzen? Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.
Mk 16,1-7

Die Frauen wollen ihre Liebespflicht an Jesus erfüllen. Sie gehen zum Grab, um ihm die letzte Ehre erweisen, so früh wie möglich. Doch Gott hat schneller gehandelt. Das leere Grab wird zum Zeichen des Lebens, das aber erst verständlich wird, als der Engel es erklärt. Die Jünger sollen aufbrechen nach Galiläa, um Jesus dort zu treffen. Wir dürfen nicht am Karsamstag hängen bleiben, sondern sind gerufen Ostern zu feiern, damit wir mutig und gestärkt in die Welt gehen können. Halleluja, Jesus lebt!

Samstag, 4. April 2015

Karsamstag, 4. April 2015

Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, ging Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Pilatus war überrascht, als er hörte, dass Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. Als der Hauptmann ihm das bestätigte, überließ er Josef den Leichnam. Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes. Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, beobachteten, wohin der Leichnam gelegt wurde.
Mk 15,42-47

Eigentlich ist Pilatus schon wieder zur Tagesordnung übergegangen. Da kommt ein Jude und fragt, ob der den Leichnam Jesu haben darf. Noch einmal, durch seinen schnellen Tod dringt er in Pilatus’ Bewusstsein ein. Josef von Arimathäa hat Mitleid mit Jesus und bemüht sich, das Gesetz des Alten Bundes einzuhalten. Dem Toten gebührt ein Begräbnis. Wer die Toten nicht achtet, wird auch vor dem Leben bald keine Achtung mehr haben. Und so ist Jesus im Tod mit allen solidarisch, die gestorben sind. Er teilt das Schicksal des Grabes.

Freitag, 3. April 2015

Karfreitag, 3. April 2015

Es war etwa um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei, und Jesus rief laut: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus.
Lk 23,44-46

Zuerst scheint es nur klein, unbedeutend, bedauerlich. Da ist wieder einer unter den vielen Verurteilten, der am Kreuz leidet und bald sterben wird. Doch das Geschehen geht viel weiter, es nimmt alle Menschen und alle Geschöpfe mit hinein. Jesus legt sein Leben, seinen Geist in die Hand des Vaters und damit beginnt etwas Neues. Der Vorhang im Tempel reißt, und das Allerheiligste, das vom Vorhang bisher geschützt war, ist jetzt für alle sichtbar. Gott hat alle Menschen wieder in seine Gemeinschaft gerufen, damit er ihnen neues Leben schenken kann.

Donnerstag, 2. April 2015

Gründonnerstag, 2. April 2015

Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.
Joh 19,30

Die Kraft Jesu ist am Ende. Er stirbt früher als erwartet. Der Tod ist die Vollendung seines irdischen Weges, nicht der Abbruch. Jesus ist bis ans Kreuz gegangen, sein Weg ist vollbracht. Jetzt ist die Zeit für die Stille des Karsamstags.

Mittwoch, 1. April 2015

Mittwoch der Karwoche, 1. April 2015

Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.
Joh 19,28-29

Jesus ist durstig. Das ist eine ganz menschliche Regung. Sie gaben ihm Essig zu trinken, denn er sollte nicht verdursten, sondern langsam und qualvoll am Kreuz sterben. Wer die Bibel kennt, wird an den Psalmvers erinnert: “Sie gaben mir Gift zu essen, für den Durst reichten sie mir Essig” (Ps 69,22). Jesus ist ganz unten angekommen. Nur mehr die Peiniger sind da. Aber er geht auch zu denen, die gegen ihn sind, ja ihm Böses wollen.

Dienstag, 31. März 2015

Dienstag der Karwoche, 31. März 2015

Um die neunte Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lema sabachtani?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Mt 27,46

Jesus macht sich einen Ruf aus dem 22. Psalm zu eigen. Was er da aber sagt, ist dramatisch, ja unglaublich. Wie kann er, Jesus, der Sohn Gottes von Gott verlassen sein? Aber er muss in die Gottesferne gehen, um dort auch dem letzten Sünder noch zu begegnen. Denn nur in dieser solidarischen Begegnung ist Umkehr möglich.

Montag, 30. März 2015

Montag der Karwoche, 30. März 2015

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Joh 19,25-27

Die Mutter und der Jünger, in der Stunde der Not sind sie da und Jesus gibt sie einander in Obhut. Er lässt seine Mutter nicht allein zurück und genauso den Jünger. Alle, die beim Kreuz Jesu stehen, wissen, dass sie in der Trauer nicht allein sind, sondern einander geschenkt und aufgegeben.

Sonntag, 29. März 2015

Palmsonntag, 29. März 2015

Es war einige Tage vor dem Osterfest. Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte Jesus zwei seiner Jünger voraus. Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor uns liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn; er lässt ihn bald wieder zurückbringen. Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden, und sie banden ihn los. Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, den Esel loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren. Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier, und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweigen von den Büschen ab und streuten sie auf den Weg. Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!
Mk 11,1-10

Der Esel trägt Jesus in die Stadt, und die Menschen jubeln ihm zu. Sie jubeln ihm zu und streuen grüne Zweige auf den Weg. Aber der Jubel wird bald weichen. Viele haben vielleicht bedauert, dass Jesus angeblich doch nicht erfolgreich ist, andere hatten eigene Vorstellungen von dem, was Jesus tun sollte. Und so sind die Vorstellungen oft anders als die Wege Gottes. Deshalb wendet sich erster Jubel allzu oft in Ablehnung. Doch Gott kann auch das Kreuz zum Leben wenden.

Samstag, 28. März 2015

Samstag der 5. Fastenwoche, 28. März 2015

Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst. Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Lk 23,39-43

Jesus wird unter die Verbrecher gerechnet und mit ihnen gekreuzigt. Einer der Verbrecher betrachtet ihn als seinesgleichen, doch der andere sieht die Verhältnisse richtig. Jesus ist unschuldig. Weil der Unschuldige mit den Verbrechern in den Tod geht, kann etwas Neues entstehen. Weil der Schächer bereut, gibt es für ihn die Rettung. Jesus nimmt ihn mit sich ins Paradies, so wie alle, die sich an Jesus halten.

Freitag, 27. März 2015

Freitag der 5. Fastenwoche, 27. März 2015

Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Dann warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich.
Lk 23,34

Insgesamt sieben Worte sind überliefert, die Jesus am Kreuz sprach, bevor er starb. Er betet, wie so oft. In der Stunde des Todes bittet er um Vergebung für die Peiniger, die nicht wissen, was sie tun. Sie wissen es auch jetzt noch nicht, sondern gehen weiter ihren Beschäftigungen nach. Sie teilen ihren “Lohn”, nämlich die Kleider und Habseligkeiten der Verurteilten. Wie oft geschieht Böses, dass den Tätern nicht bewusst ist. Jesus aber sieht auch die Schwächen der Täter.

Donnerstag, 26. März 2015

Donnerstag der 5. Fastenwoche, 26. März 2015

14. Station: Der Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt
An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten, und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war. Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei.
Joh 19,41-42

Das Grab ist der Ort der Toten, die letzte Ruhestätte. Durch Christus aber ist es auch das Zeichen des neuen Lebens. Das Weizenkorn muss sich selbst aufgeben, aufbrechen, sterben, dann entsteht neues Leben.

Mittwoch, 25. März 2015

Mittwoch der 5. Fastenwoche (Verkündigung des Herrn), 25. März 2015

13. Station: Jesus wird vom Kreuz genommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt
Ihr alle, die ihr des Weges zieht, schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz.
Klgl 1,12a

Alles ist Schmerz. Der Leichnam Jesu ist Zeichen des Verlusts. Wie gehen wir heute mit dem Tod um? Viele fliehen davor. Aber eine Gesellschaft, die vor den Toten flieht, muss Angst um ihre Humanität haben.

Dienstag, 24. März 2015

Dienstag der 5. Fastenwoche, 24. März 2015

12. Station: Jesus stirbt am Kreuz
Es war etwa um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei, und Jesus rief laut: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus.
Lk 23,44-46

Jesus stirbt allein. Im Tod ist keiner bei ihm, alle sind sie geflohen. So verlieren die Jünger den Meister. Jesus aber fasst in der Todesangst noch einmal Vertrauen zu Gott, seinem Vater. Er geht den Weg durch die Finsternis der Sünde und des Todes. So bringt er der ganzen Welt das Licht.

Montag, 23. März 2015

Montag der 5. Fastenwoche, 23. März 2015

11. Station: Jesus wird ans Kreuz genagelt
Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Lk 23,33-34

Ans Kreuz mit ihm! Schnell wird jemand zum Verbrecher, gerät auf schiefe Bahnen oder wird kriminalisiert. Die Gesellschaft ist schnell da mit Bestrafungen, die aber nichts heilen können. Jesus geht auch zu den Verbrechern.

Sonntag, 22. März 2015

5. Fastensonntag, 22. März 2015

In jener Zeit traten einige Griechen, die beim Osterfest in Jerusalem Gott anbeten wollten, an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen. Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert. Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet. Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde.
Joh 12,20-33

Da sind Leute, die Jesus sehen wollen, die sich interessieren. Andreas und Philippus kommen, um von ihrem Erfolg zu berichten. Jesus aber spricht etwas anderem, von seinem bevorstehenden Leiden und Tod. Der Donner zeigt an, dass etwas Großes bevorsteht. Das Bild vom Weizenkorn ist nur scheinbar harmlos. Erst muss alles umgestoßen werden, was wir uns vorgestellt haben. Sonst kann Gott sein Heilswerk nicht beginnen. Fastenzeit bedeutet, sich von vielen eigenen Vorstellungen und scheinbar guten Idealen zu lösen, damit das Reich Gottes sich in mir und durch mich entfalten kann.

Samstag, 21. März 2015

Samstag der 4. Fastenwoche, 21. März 2015

10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt
Man kann all meine Knochen zählen; sie gaffen und weiden sich an mir.
Ps 22,18

Vor der Hinrichtung wird Jesus bloßgestellt, er soll gedemütigt werden, ehe er am Kreuz stirbt. Heute sind Bloßstellungen an der Tagesordnung. Auf andere wird mit dem Finger gezeigt, die Schwächen hinausposaunt. Internet und mobile Kommunikation bieten unzählige Möglichkeiten, andere durch Bloßstellen hinzurichten. Jesus geht zu denen, die vor der Welt als Verlierer stehen.

Freitag, 20. März 2015

Freitag der 4. Fastenwoche, 20. März 2015

9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz
Zum Spott geworden bin ich all meinen Feinden, ein Hohn den Nachbarn, ein Schrecken den Freunden; wer mich auf der Straße sieht, der flieht vor mir.
Ps 31,12

Wer dreimal fällt, steht nicht mehr auf, sagt man. Wie viele gibt es, die immer wieder fallen. Wie viele gibt es, die für die anderen schon abgeschrieben sind, bei denen nichts mehr geht, Ausschuss, in der Gesellschaft nicht mehr zu brauchen. Jesus aber steht wieder auf und nimmt so auch die Gefallenen dieser Welt auf seinen Weg mit.

Donnerstag, 19. März 2015

Donnerstag der 4. Fastenwoche (Hl. Josef), 19. März 2015

8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen
Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!
Lk 22,27-28

Das Leid, das sie sehen, bewegt diese Frauen. Es ist ein Zeichen von Menschlichkeit, sich vom Schmerz anderer berühren zu lassen. Aber es muss noch mehr geben. Worauf kommt es wirklich an? Jesu Leid steht in einem größeren Zusammenhang. Er leidet an der Sünde der Menschen, mit der wir uns oft abgefunden haben. So weist er die Frauen darauf hin: Schaut auf euch selbst!

Mittwoch, 18. März 2015

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Im Alltag leben wir gut mit der Annahme, die Wirklichkeit, die uns umgibt, sei für alle dieselbe. Das setzt voraus, dass meine Erkenntnis der Wirklichkeit auch entspricht. Wenn das so ist, dann können die verschiedenen Zugänge, etwa naturwissenschaftliche, theologische, philosophische oder praktische, im Grunde nicht widersprüchlich sein, weil sie sich ja auf dieselbe Wirklichkeit richten.

Das ist als Gedanke bestechend und meiner Ansicht nach im Grunde auch richtig. Nichtsdestoweniger ist es problematisch. Denn ganz gleich wie, ich untersuche nie die Wirklichkeit selbst, ja nehme sie auch nicht wahr. Ich nehme meine Perspektive wahr und untersuche ein Objekt, das ich selbst zuerst gesetzt habe. Ein obiectum, lateinisch von obicere, entgegensetzen, ist das mir selbst Gegenübergestellte. Eine Sache kann also erst untersucht werden, wenn ich selbst mit meiner Vernunft (dem intellectus agens, wie die klassische Philosophie sagt) sie mir zum Objekt gemacht habe. Soll aber eine Sache gemeinsam untersucht werden, braucht es auch ein gemeinsames Objekt. Das heißt, wir müssen uns vor der Diskussion schon zumindest im Ansatz einigen, was Gegenstand der Untersuchung sein wird.

Was aber ist die Wirklichkeit? Sicher deckt sie sich nicht mit meiner Wahrnehmung davon, denn es ist klar, dass meine Wahrnehmung sich beständig ändert, wenn ich nach neuen Erfahrungen suche. Aber ich habe die Wirklichkeit nie in anderer Weise, denn als wahrgenommene und reflektierte Wirklichkeit zur Verfügung. Auf den Punkt gebracht hat das George Berkley mit dem Hinweis, Sein ist immer wahrnehmen (esse est percipi), das G.W.F. Leibniz aufgenommen und verfeinert hat mit der Rede von der Apperzeption. Über diese Perzeptionen können wir uns miteinander austauschen und sie vergleichen. Dabei ist aber immer die stillschweigende Voraussetzung gemacht, dass alle Wahrnehmungen derselben Wirklichkeit vergleichen. Das ist strenggenommen ein Postulat, denn beweisen lässt sich das nicht. Es ist allerdings notwendig, weil sonst keine vernünftige Kommunikation möglich wäre.

Es ist also sinnvoll, eine gemeinsame Wirklichkeit anzunehmen, der wir uns auf je verschiedene Weise nähern. Dann und nur dann ist über die unterschiedlichen Zugänge ein vernünftiger Diskurs möglich. Dabei ist aber Behutsamkeit geboten, denn die kritischen Anfragen, die an dieses Konzept gestellt werden, müssen ernsthaft bedacht werden.