Von 4. bis 25. Oktober 2015 fand in Rom die Sitzung der Bischofssynode über „die Berufung und Sendung der Familie in der Welt von heute“ statt. Das weltweite Interesse daran war enorm, wie wohl nie zuvor. Nun ist sie zu Ende gegangen und hat dem Papst Empfehlungen gemacht. Für manche war das Ergebnis ein hoffnungsvoller Fortschritt, für andere wieder enttäuschend. Wie ist also die Synode zu beurteilen?
Idee und Arbeitsweise der Bischofssynode
Die Bischofssynode in der heutigen Form wurde vor fünfzig Jahren im Jahr 1965 von Papst Paul VI. eingerichtet. Er folgte damit einem Wunsch des Zweiten Vatikanischen Konzils. Seither tagt die Synode regelmäßig alle drei Jahre zu bestimmten Themen. Die Synode ist nicht eine Art Konzil im Kleinformat, denn sie kann keine verbindlichen Beschlüsse fassen, wie es ein Konzil tut. Vielmehr soll sie den Papst bei der Führung der Kirche unterstützen und beraten. Am Ende werden von den Bischöfen Empfehlungen ausgesprochen und der Papst gibt nach einiger Zeit ein sogenanntes nachsynodales Apostolisches Schreiben heraus, das dann für die ganze Kirche gilt. Stimmberechtigte Mitglieder sind Bischöfe, die vor allem von den Bischofskonferenzen für jeweils eine Sitzung gewählt werden und manche vom Papst ernannte Bischöfe. Außerdem werden Vertreter anderer christlicher Kirchen und Fachleute als Gäste eingeladen. Sie arbeiten an einem Arbeitspapier, das vom Synodensekretariat vorbereitet wird, und diskutieren, welche Vorschläge sie zum Thema machen sollen. Papst Franziskus hat in seiner Amtszeit schon viele neue Akzente gesetzt, auch in Bezug auf die Bischofssynode, die dadurch sehr an Bedeutung gewonnen hat.
Die Sendung der Familie heute
Nach drei Wochen voller intensiver Diskussionen hat die Synode über Empfehlungen an den Papst abgestimmt und sie ihm übergeben. Anders als bei der außerordentlichen Sitzung voriges Jahr wurden alle 94 Punkte mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Aber was ist nun der Fortschritt dieser Synodensitzung gegenüber früher? Hier kann ich nur meine persönliche Meinung kundtun. Denn das eigentliche Ergebnis steht noch aus. Mir scheinen drei Aspekte wichtig.
Erstens zeigt sich eine neue Perspektive. Die Frage war nicht: Wie kann in einer veränderten Gesellschaft die Lehre möglichst konstant bleiben? Sondern wie kann das Evangelium den Menschen, besonders den Familien und Paaren, in der Welt von heute helfen? Dafür muss man zuerst genau auf die Situation der Menschen schauen. Papst Franziskus hat dafür bereits 2014 eine außerordentliche Sitzung der Bischofssynode einberufen. Damit wird auch das Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils erfüllt, das in Gaudium et spes davon spricht, dass „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“ für die Kirche ein Ausgangspunkt ihres Wirkens in der Welt sein müssen. Denn nur so kann sie ihren Auftrag, Christus, das „Licht der Völker“, in die Welt zu tragen (so sagt es Lumen gentium) erfüllen. Das ist Pastoral, wie sie das Konzil vorstellt.
Daher hat die Synode zweitens sich intensiv mit den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen beschäftigt, unter denen Menschen auf der ganzen Welt in Partnerschaften und Familien leben. Dabei zeigt sich, dass viele auf dem Weg sind, aber aus vielen Gründen noch nicht bis zu einer christlichen Ehe gekommen sind. Die Aufgabe der Kirche ist es, sie zu begleiten und zu unterstützen auf ihrem Weg.
Damit ist drittens eine Neubewertung der moralischen Fragen von Ehe und Familie verbunden. Viele in Europa und Nordamerika haben auf eine Antwort für die Situation von wiederverheirateten Geschiedenen gewartet. In diesem Zusammenhang waren die Diskussionen sehr heftig, wie man auch am Ergebnis der Abstimmungen sehen kann. Trotzdem konnte auch hier eine überwältigende Mehrheit sich mit dem Text identifizieren. Die Unauflöslichkeit der Ehe ist gegeben. Aber wie mit Situationen umgehen, die damit nicht in Einklang stehen? Zwei Gefahren sind zu benennen. Die einen sind rigoristisch und sagen, wenn eine solche Situation eintritt, ist nichts mehr möglich, bis das Ideal wieder in irgendeiner Weise erfüllt ist. Die anderen gehen eher von einer laxen Position aus und meinen, es ist, wie es ist, damit müsse sich die Kirche abfinden. Die Wahrheit ist aber: Jede Situation muss für sich angesehen werden. Deshalb benennt die Synode Kriterien, mit denen unter der Führung des Beichtvaters die eigene Situation im Gewissen geklärt werden könnte. Das ist gemeint, wenn vom „Forum internum“ die Rede ist.
Die Synode hat in großer Offenheit Probleme diskutiert und auch gezeigt, wie groß die katholische Weite der Meinungen ist. Aber sie hat auch gezeigt, wie die Kirche sich mit der Kraft des Evangeliums und im Blick auf die Freuden, Hoffnungen, Sorgen und Ängste der Menschen ihren Weg gehen kann.
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