Wer
über den Glauben redet, kommt um den Zweifel nicht herum. Während
Atheisten, Skeptiker und Gegner gläubigen Menschen vorhalten, sie würden
sich gegen den Zweifel immunisieren, hat unlängst das geistliche
Oberhaupt der anglikanischen Kirchengemeinschaft, der Erzbischof von
Canterbury Justin Welby, von Glaubenszweifeln gesprochen, nämlich von
den eigenen. Er selbst habe Zweifel an der Existenz Gottes. “There are
moments, sure, where you think ‘Is there a God? Where is God?’” Er
selbst fügte noch hinzu, das sollte ein Erzbischof von Canterbury nicht
sagen. Denn, so scheint es, ein Erzbischof darf nicht zweifeln, er hat
(gefälligst, möchte man sagen) den Gläubigen seiner Kirche mit gutem
Beispiel und mit einem festen, unerschütterlichen Glauben voranzugehen.
Im
Hebräerbrief gibt es so was wie eine Definition des Glaubens. Da heißt
es: “Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein
von Dingen, die man nicht sieht” (Hebr 11,1). Das würde ja einmal gut
klingen, zumindest für einen europäisch denkenden Menschen, der es gerne
klar und geradlinig hat. Aber von dieser Definition ist im ganzen
folgenden Kapitel nicht mehr die Rede. Stattdessen werden
Glaubensgeschichten erzählt, von Menschen, die Gott berufen hat, die
aber auch erst langsam und durch Zweifel hindurch wirklich zum Glauben
kommen. Sind Abraham oder Mose etwa “festgestanden im Glauben”, als sie
mit Gott diskutiert haben?
Wenn
der Glaube ausschließlich für eine Form von Wissen gehalten wird, dann
kann er nur entweder da sein oder nicht. Wenn er auf diese Weise da ist,
stellt er zum Wissen eine Konkurrenz dar. Ist Glaube aber eine Form von
Vertrauen, dann geht es viel mehr um Beziehung, Dialog und Miteinander.
Dann ist Glaube an Gott aber ein Weg, den ich als Mensch mit Gott
gemeinsam und auf Gott zu gehe. Und genau darum geht es, wenn man der
Schrift folgt. Gott hat mich angesprochen. Die angemessene Antwort
darauf ist der Glaube, der sich in meinem Leben verwirklicht. Weil er
dabei aber konkret werden muss, ist er immer mit Zweifeln gespickt. Es
gibt Irrwege, unklare Abzweigungen, Fehleinschätzungen und manchmal
fällt Nebel ein, der das Ziel verdeckt. Wenn der Glaube aber durch den
Zweifel gegangen ist, wird er für gewöhnlich stärker, wie die Israeliten
Gott auch erst auf dem langen Weg durch die Wüste in vierzig Jahren
besser kennengelernt haben. Und so ist es gut, nicht nur trotz Zweifeln
zu glauben, sondern auch durch den Zweifel zu erfahren, wie wertvoll der
Glaube wirklich ist.
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