Donnerstag, 25. September 2014

Glauben und zweifeln

Wer über den Glauben redet, kommt um den Zweifel nicht herum. Während Atheisten, Skeptiker und Gegner gläubigen Menschen vorhalten, sie würden sich gegen den Zweifel immunisieren, hat unlängst das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Kirchengemeinschaft, der Erzbischof von Canterbury Justin Welby, von Glaubenszweifeln gesprochen, nämlich von den eigenen. Er selbst habe Zweifel an der Existenz Gottes. “There are moments, sure, where you think ‘Is there a God? Where is God?’” Er selbst fügte noch hinzu, das sollte ein Erzbischof von Canterbury nicht sagen. Denn, so scheint es, ein Erzbischof darf nicht zweifeln, er hat (gefälligst, möchte man sagen) den Gläubigen seiner Kirche mit gutem Beispiel und mit einem festen, unerschütterlichen Glauben voranzugehen.

Im Hebräerbrief gibt es so was wie eine Definition des Glaubens. Da heißt es: “Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht” (Hebr 11,1). Das würde ja einmal gut klingen, zumindest für einen europäisch denkenden Menschen, der es gerne klar und geradlinig hat. Aber von dieser Definition ist im ganzen folgenden Kapitel nicht mehr die Rede. Stattdessen werden Glaubensgeschichten erzählt, von Menschen, die Gott berufen hat, die aber auch erst langsam und durch Zweifel hindurch wirklich zum Glauben kommen. Sind Abraham oder Mose etwa “festgestanden im Glauben”, als sie mit Gott diskutiert haben?

Wenn der Glaube ausschließlich für eine Form von Wissen gehalten wird, dann kann er nur entweder da sein oder nicht. Wenn er auf diese Weise da ist, stellt er zum Wissen eine Konkurrenz dar. Ist Glaube aber eine Form von Vertrauen, dann geht es viel mehr um Beziehung, Dialog und Miteinander. Dann ist Glaube an Gott aber ein Weg, den ich als Mensch mit Gott gemeinsam und auf Gott zu gehe. Und genau darum geht es, wenn man der Schrift folgt. Gott hat mich angesprochen. Die angemessene Antwort darauf ist der Glaube, der sich in meinem Leben verwirklicht. Weil er dabei aber konkret werden muss, ist er immer mit Zweifeln gespickt. Es gibt Irrwege, unklare Abzweigungen, Fehleinschätzungen und manchmal fällt Nebel ein, der das Ziel verdeckt. Wenn der Glaube aber durch den Zweifel gegangen ist, wird er für gewöhnlich stärker, wie die Israeliten Gott auch erst auf dem langen Weg durch die Wüste in vierzig Jahren besser kennengelernt haben. Und so ist es gut, nicht nur trotz Zweifeln zu glauben, sondern auch durch den Zweifel zu erfahren, wie wertvoll der Glaube wirklich ist.

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