So
hat man den Titel des berühmten Romans von Fjodor Dostojewski meist
übersetzt, während für die neueste Übersetzung “Verbrechen und Strafe”
bevorzugt wird. Der russische Originaltitel “Prestuplenije i nakasanie”
lässt sich nicht leicht übersetzen. Vermutlich liegt die richtige
Wiedergabe für unser heutiges Sprachempfinden irgendwo zwischen diesen
beiden Varianten.
Heute
redet man allerdings nicht mehr gerne über Schuld und Sünde, diese
beiden Begriffe scheinen in eine große Mottenkiste zu gehören. Letzte
Woche war ich auf Wallfahrt und habe darüber nachgedacht, dass früher
Menschen auf Wallfahrt gegangen sind, um Vergebung für ihre Sünden zu
erlangen. Aber wer braucht heute noch Vergebung, in einer Zeit, in der
niemand selbst sündigt, daher niemand selbst Schuld auf sich geladen
hat. Schuld haben, so entsteht zumindest der Eindruck, immer andere.
Dann brauche ich auch nicht um Entschuldigung zu bitten, und so etwas
Antiquiertes wie Sühne hat ausgedient.
So
richtig es scheint, so falsch ist es. Sühne hat nichts damit zu tun,
dass jemand bestraft wird oder freiwillig Leid auf sich nehmen muss für
sich selbst oder andere. Und schon gar nicht geht es um Rache. Sühne
kommt von der Versühnung, die nach einer Lautverschiebung uns heute als
Versöhnung bekannt ist. Wenn eine Beziehung zu anderen Menschen oder
auch zu mir selbst und letztlich zu Gott zerbrochen ist, braucht es eine
Versöhnung. Die führt aber nie zu einem früheren Zustand zurück, wo
scheinbar noch alles in Ordnung war, sondern verlangt immer nach einem
Neuanfang. Davor muss die Schuld bewusst abgetragen, die Sünde
aufgearbeitet werden.
Einen
solchen Neuanfang brauche ich immer wieder. Und die Wallfahrt ist
jedesmal ein Neuanfang. Vielleicht ist daher die Idee, auf Wallfahrt zu
gehen, um Sünde und Schuld loszuwerden, gar nicht so unaktuell. Vieles
erscheint nach der Wallfahrt klarer, ich habe Motivation und Kraft, neu
anzufangen und vielleicht auch den Mut, die eine oder den anderen um
Entschuldigung zu bitten. Und dann ist Sühne heilsam, eine Wohltat.