Augustinus schreibt: “Die Menschen können fragen” (homines autem possunt interrogare, Conf X,6,10), was hinter den Dingen liegt. Sie können, aber sie müssen nicht. Deshalb gibt es auch keine Garantie, dass alle Menschen die Schönheit der Schöpfung erkennen oder gar aus der Schöpfung zum Glauben kommen. Aber zum Glauben kommen nur die, die Fragen haben und sich mit den Antworten auseinandersetzen, heißt es weiter: “Sie antworten nur dem Frager, der auch Urteil hat” (nec respondent ista interrogantibus nisi iudicantibus). Glaube gibt es also immer nur dort, wo es auch Fragen gibt und die Auseinandersetzung mit diesen Fragen möglich ist.
Vor wenigen Wochen ist ein Mann gestorben, der mich tief beeindruckt hat. Er hatte viele Fragen und hat sie auch gestellt. Ja er hat sie so lange gestellt, bis ihm ein Vertreter der Kirche gesagt hat, er möge aufhören zu fragen. Fragen sind nicht immer angenehm, aber sie sind wichtig, ja unverzichtbar. Die Zukunft der Kirche und die Zukunft der Menschheit hängt davon ab, dass viele Menschen ihre Fragen stellen und sich damit auseinandersetzen. Der christliche Glaube hält das aus, er ist nämlich auf den Verstand ausgerichtet. Das zeigt sich in der Heiligen Schrift oft, wenn die Israelten mit Gott diskutieren oder die Jünger mit Jesus.
Es gibt keinen Grund, Angst vor Fragen zu haben. Der eigentliche Fehler passiert dann, wenn jemand aus Angst, Unwissenheit oder Faulheit Fragen übergeht oder verbietet. Das ist des Glaubens unwürdig.