Montag, 27. Oktober 2014

Gedanken zu einer theologischen Sprachlehre

Die Entwicklung einer theologischen Sprachlehre ist ein Desiderat. Aber sie ist notwendig, weil sie helfen kann, eine Not der Kirche und des Glaubens heute zu wenden: die Sprachlosigkeit. Die Verkündigung der Kirche gelangt nicht bis zu ihren Adressaten, weil sie nicht verstanden wird. Die Theologie löst Kopfschütteln aus, weil ihre Sprache jenseitig scheint. Daran ändert es auch nichts, dass Unmengen an Papier bedruckt und Legionen von Websites befüllt werden. Und es tröstet auch nicht, dass es in allen anderen Bereichen der Gesellschaft ähnlich aussieht. Obwohl sehr viel geredet und geschrieben wird, haben wir sehr oft den Eindruck, viele hätten nichts mehr zu sagen und würden schon gar nichts verstehen.

Es gibt eine Vielzahl von Formen, den Glauben zur Sprache zu bringen: Gebet, Zeugnis, Verkündigung, Katechese, Theologie, um nur einige zu nennen. Die Formen gehen ineinander über, aber es tut nicht gut, wenn sie vermischt oder gar verwechselt werden. Theologie ist nicht Verkündigung, aber beide brauchen einander. Wer Theologie treibt kann nicht zuerst fragen, wie kann ich diese Theologie gewissermaßen am besten verkaufen, sondern muss danach trachten, sachgerecht nach Antworten zu suchen. Der theologische Diskurs braucht einen geschützten Raum, damit er sich entfalten kann. Aber man darf nicht bei einem Binnendiskurs stehen bleiben, der sich gegen jede Einmischung von außen immunisiert. Was in diesem Raum wächst, muss auch hinausgepflanzt werden, um sich den Anfragen der Zeit zu stellen. Wer hingegen verkündigt, muss zuerst auf die Fragen der Menschen achten, sonst kann es sein, ja ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die gegebenen Antworten ins Leere gehen. Eine solche Verkündigung wird kein Interesse finden - und das zurecht, denn sie ist “tönendes Blech”. Dann hilft auch die Klage nichts, dass angeblich heute kein Interesse am Glauben bestehe. Daran ist eine solche Verkündigung selbst schuld. Aber auch eine gelingende Verkündigung muss immer fest in der Theologie verankert sein, damit sie nicht versandet, sondern wirklich den Glauben ins Wort bringt, nicht sich selbst.

Theologische Sprache ist nie nur denotativ, als ob sie nur ewige, unveränderliche, wahre Sätze in einem logischen Puzzle zu verknüpfen hätte. Sie hat immer eine performative Ausrichtung, muss die Glaubensrede ins Heute übersetzen. Denn Theologie hat es mit dem Glauben zu tun, der meine eigene, existentielle Antwort auf die Anrede Gottes an mich ist, hier und heute. Daher kann die Theologie nicht bei einer sterilen, im Labor entwickelten Antwort stehen bleiben. Das macht sie anspruchsvoller. Sie muss immer nach dem Konkreten Fragen. Sie geht auch vom Konkreten aus, von Jesus, den wir als den Christus bekennen, den Sohn Gottes, der uns den Geist gesandt hat. Spürt man diesen Heiligen Geist in unserer theologischen Sprache?

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ich glaube - glaubst du?

Wenn man aus der Kirche Ausgetretene fragt, wie es jetzt um ihren Glauben steht, dann sagen viele: “Mein Glaube bleibt, daran hat sich nichts geändert.” Aber meinen sie damit den Glauben der Kirche, den Glauben an den Dreifaltigen Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist? Wenn sie diesen Glauben teilen, wie können sie dann öffentlich, vor einer staatlichen Stelle, mit einer schriftlichen Urkunde, sagen: Der Gemeinschaft, die das glaubt, will ich nicht mehr angehören? Oder hatten sie den Glauben vielleicht ohnehin schon vorher nicht mehr? Dann müsste man doch sagen, der Glaube, den sie vorher hatten und jetzt noch immer haben, war nicht der christliche Glaube. Doch halt, bevor irgendjemandem Glaube abgesprochen wird oder auch der Kirchenaustritt verharmlost! Ich frage grundsätzlicher: Was bedeutet es überhaupt, dass die Gläubigen in der Gemeinschaft der Katholischen Kirche einen gemeinsamen Glauben haben?

Wer getauft wird, muss sich zum gemeinsamen Glauben bekennen, indem der die Fragen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses mit “Ich glaube” beantwortet. Sicher, bei den meisten haben das noch die Eltern getan, doch ehrlich, wir hatten bei Erstkommunion, Firmung, in der Osternacht und an jedem Sonntag genug Gelegenheit, das nachzuholen und zu erneuern. Die Kirche ist eine Glaubensgemeinschaft. Seit es in Mitteleuropa nicht mehr selbstverständlich ist, katholisch zu sein, seit die konstantinische, staatlich gestützte Religiosität zu Ende geht, wird das jeden Tag deutlicher. Natürlich gibt es vielerlei andere Gründe und Anlässe, die Menschen zur Kirche bringen: Vorbilder, die schöne Liturgie, das Gemeinschaftsgefühl, das soziale Engagement etc. Das ist alles wertvoll. Aber es muss zum gemeinsamen Glauben führen, denn sonst trägt es nicht.

Dieser gemeinsame Glaube hat es nicht zuerst mit irgendwelchen Dingen oder Sätzen zu tun, sondern mit Gott selbst, mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Aus der gemeinsamen Erfahrung der Begegnung mit dem lebendigen Dreifaltigen Gott durch die Geschichte der Kirche ist das Glaubensbekenntnis gewachsen. Diese Erfahrung ist der große Schatz der Kirche, aus dem sie jeden Tag neu lebt. In diesen Schatz bringen auch heute noch die Gläubigen ihre eigene Glaubenserfahrung ein. Das geht aber nur in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit dem Glauben. “Ich glaube” zu sagen bedeutet auch, sich immer wieder neu fragen zu lassen: “Glaubst du wirklich?”, “Was glaubst du?” Wer zur Kirche dazu gehört, beantwortet diese Fragen, vielleicht nicht immer leicht, aber immer gerne, weil der Glaube ein persönliches Anliegen ist.