Unlängst wurde ich mit der Aussage konfrontiert, die Bibel enthalte doch nur unwahre Geschichten. Daher sei es ein Skandal, dass die Kirche noch an der Bibel festhalte. Ich habe entgegnet: Die Bibel ist kein Geschichtsbuch im modernen Sinn, in dem Daten und Fakten gesammelt würden, sondern ein Buch mit Glaubenserzählungen. Aber gleich ob man glaubt oder nicht, ich kenne kein Buch, das so viel Lebensweisheit enthält, wie die Heilige Schrift. Freilich ob die Bibel für den eigenen Glauben nützlich ist oder nicht, das hängt auch vom Glauben und vom glaubenden Menschen ab.
Der Glaube nimmt seinen Anfang ja mit dem Wort, das Gott an mich selbst richtet. Dieses Wort soll ich erkennen und darauf antworten. Wenn ich meine eigene Gotteserfahrung entdeckt habe, kann ich noch nicht automatisch darüber reden. Dazu brauche ich erst andere, die mir in dieses Gespräch hineinhelfen. Das ist die Aufgabe der Verkündigung. Die Bibel tut nichts anderes, sie erzählt von exemplarischen und sehr tiefen Glaubenserfahrungen, von der Erfahrung der Rettung Israels beim Auszug aus Ägypten, von Jesus, der das Reich Gottes verkündet, von den Glaubenserfahrungen der ersten Gemeinden etc. Die Psalmen sind Gebete für alle Lebenslagen. Lobpreis und Dank, Klage und Bitte finden sich darin. Mit vielen Situationen, die genannt werden, kann ich mich leicht identifizieren. Die gemeinsamen Erfahrungen, die in der Bibel erzählt werden, bringe ich beim Lesen mit meinen eigenen Glaubenserfahrungen ins Gespräch und lerne sie dadurch besser verstehen und deuten.
Die Weisheit der Bibel kann jeder erkennen, der sich vorurteilsfrei mit ihr befasst. Die Stärkung im Glauben kann freilich nur erfahren, wer schon im Glauben die Schrift liest.